Gedicht des Monats April

Hai – Kuh 1 + 2

                               Für Carol Ann Duffy

Hi, rief eine Kuh
vom Strand dem Hai im Meer zu.
Muh, sagte der Hai.

Muh, sagte der Hai
vom Meer aus zur Kuh am Strand.
Hi, grüßte die Kuh.

Nominierungen für den Deutschen Jugendliteraturpreis 2013

ZorgamazooAuf der Leipziger Buchmesse wurden die Nominierungen für den Deutschen Jugendliteraturpreis 2013 bekanntgegeben. Unter den nominierten Büchern in der Kategorie Kinderbuch ist auch der über 280 Seiten gereimte Roman „Zorgamazoo“ von Robert Paul Weston, den ich übersetzt und in deutsche Verse gebracht habe. Die Jury-Begründung findet ihr unter www.jugendliteratur.org.

Mundgerechte Kinderbücher

Zur Preußler-Debatte

In Christoph Meckels Erzählung „Dunkler Sommer und Musikantenknochen“ verbringt ein kleiner Junge die Sommerferien bei seinem Onkel Mononclegilbert, der eine große Bibliothek hat und darin ständig Pfeife raucht. Können wir bitte die Geschichte an dieser Stelle umschreiben, da ein rauchender Onkel für alle Kinder eine Zumutung ist und selbige auch gar nicht verstehen, dass Menschen je so etwas wie „rauchen“ getan haben?

Der Junge muss natürlich schrecklich benebelt sein, dass er in den Folianten, die der Onkel ihm zum Stöbern gibt (bitte Folianten streichen, da dieses Wort in der Gesellschaft des 21. Jahrhunderts nicht mal von Onkeln und Tanten mehr verstanden wird, geschweige denn von Eltern), das Wort Ebénda, das er unter vielen alten Fotos entdeckt, missversteht und glaubt, es handle sich um den Namen einer grandiosen Stadt, die über Dutzende Kirchen, zahlreiche Burgen und Schlösser und etliche Marktplätze verfügt. Das Kind ist begeistert von dieser Stadt Ebénda und malt sie sich zu einer märchenhaft paradiesischen Wunder-Landschaft aus, bis die Sommerferien vorbei sind, der Pfeiferauch verzogen und die Welt wieder in Ordnung ist. Da fragt der Lehrer seine Schüler nämlich, wo sie denn im Sommer gewesen sind. Und das Kind antwortet nicht ganz selbstverständlich: in Ebénda. Und der Lehrer zerstört natürlich mit einem Satz die ganze Magie, wenn er sagt: „Das heißt ebenda und bedeutet ‚am selben Ort’.“

Wörter, die Kinder nicht – nicht mehr – kennen, sind eine Bereicherung ihrer Phantasie, Irrwege eingeschlossen. Wenn die Familie Otfried Preußlers den Ausspruch „die Schuhe wichsen“ löscht, um ihn durch irgendetwas aktuell Passendes zu ersetzen, werden wir eines weiteren Wortes beraubt – es ist wie beim Artensterben. Wozu? Gehen wir mal davon aus, dass nicht jedes fünf- oder sechsjährige Kind bei dem Wort gleich schmutzige Phantasien entwickelt, hat das Wichsen doch etwas deutlich Sinnlicheres, Hörbareres als „Putzen“ oder „Säubern“. Niemand „bohnert“ heute noch Parkett, aber muss deshalb das Wort in seinem übertragenen Sinne als „glänzend machend“ sterben? Und müsste es in seinem ganz realen Sinne bei Otfried Preußler auch gestrichen werden, wenn es dort zufällig irgendwo vorkäme?

Jedes Buch hat seine ganz eigene Sprache. Ein Buch, das in den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts geschrieben wurde, ist durch diese seine eigene Sprache festgelegt und an Autor und Zeit gebunden. Niemand würde als Autor heute schreiben wie Otfried Preußler. Niemand würde Begriffe und Worte so wählen wie er. Niemand würde und könnte heute „Negerlein“ schreiben. Wenn er es täte, wäre er ein Rassist. Aber Otfried Preußler war alles andere als ein Rassist. Seine Romane stehen in ihrer Zeit und Preußlers Sprache ist von dieser Zeit geprägt.

Wenn uns die Zeit nicht mehr passt, müssen wir wohl oder übel beschließen, alle Wörter aus den Büchern zu streichen. Sie sind nicht mehr zeitgemäß. Weg damit. Danach können alle Erwachsenen, Eltern, Pädagogen und Verleger beruhigt ins Bett gehen. Die Welt ist gerettet. Oder doch nicht?

Warum sollen Kinder nicht ihre Freude an diesem Mononcle Preußler haben, warum sollen sie nicht in Folianten blättern und sich Wörter per Missverständnis erobern. Aber wenn dabei ein hässliches, ein unzüchtiges oder gar ein rassistisches Wort auftaucht? Tja, dann müssen wir als Erwachsene wohl oder übel noch mal aus dem Bett und dem Kind sagen, dass das ein Wort aus einer anderen Zeit ist, wie der ganze Text aus einer anderen Zeit ist, denn komischerweise gibt es in den Preußler-Büchern auch keine Handys oder gar iPhones. Ist das heutigen Kindern überhaupt noch zumutbar, sich eine Welt ohne Handys vorzustellen? Ich wette, irgendein modernes Kind hat nach der Lektüre eines alten Buches, das Tante und Oma ihm begeistert gegeben haben, schon die Frage gestellt: Wieso ruft dieser Depp in dem Buch nicht einfach zu Hause an? Schwupps, alles kaputt. Schnell Buchdeckel zuklappen und die Lettern (???) rieseln aus den Seiten.

Vielleicht wird so ein bisschen deutlicher, warum man auch Kinderliteratur immer so belassen soll und muss, wie sie geschrieben wurden. Ich hoffe es jedenfalls.

Und vielleicht noch ein kleiner Nachsatz, um den Eindruck zu entkräften, ich wäre mir nicht des verletzenden Inhalts eines Wortes wie „Neger“ bewusst:

Ehrlich gesagt glaube ich nicht, dass die Fünf- oder Sechsjährigen, die Otfried Preußler (in der Urfassung) lesen, jene sind, die später dunkelhäutige Menschen als Neger verunglimpfen, sie zusammenschlagen und mit Füßen treten. Ich fürchte, es sind eher Leute, die niemals Otfried Preußler gelesen haben und nie die liebevolle Menschenachtung gespürt haben, die dieser Autor in seinen Geschichten verbreitet hat.

Gedicht des Monats März

Gebet

Lieber Gott, ich bitte dir,
schau vorbei erst kurz nach vier,
wenn ich dann nach Hause komm,
bin ich müde und lammfromm.
Vorher aber guck nicht hin,
ist nicht so in deinem Sinn,
was ich mit dem Jasper mache,
aber das ist meine Sache,
wenn ich dieser alten Sau
eine in die Fresse hau.