Es ist zwei Jahre her seit meiner letzten großen Lesung vor Kindern. Und was war das für ein Bibbern, ob unter den gegebenen Umständen nicht wieder die ganze Planung corona-bedingt zunichtegemacht werden würde. Aber am Ende gab es sie wirklich: die 1. Tübinger Kinder- und Jugendmedien-Lecture am 9. und 10. Dezember. Selbst die Bahn bequemte sich, ausnahmsweise pünktlich zu sein – das war ein günstiges Omen. Und in Tübingen dann erst Gespräche mit Studierenden über die Frage, wie man Kindern Gedichte vermittelt, und schließlich am zweiten Tag eine Lesung in der Aula des dortigen Uhland-Gymnasiums mit allen 5. Klassen – also gut 100 Schülerinnen und Schülern. Ja, das war es, was ich vermisst hatte, dieses Gefühl, den Kindern nahe zu sein, sie zu erreichen mit meinen Texten, sie hervorzulocken, mit Wörtern zu spielen beim Schreiben eines eigenen Gedichts. So viele Ideen, so viel Begeisterung und Freude. Am Ende war die Zeit verflogen wie nichts. Ich hatte noch so viele Sachen präsent … für alle Fälle. Aber die sind fürs nächste Mal. Ein ganz großer Dank gilt der Lehrerin und Dozentin Marisa Eifler, aber auch ihren Studierenden und einer kleinen Gruppe von Siebtklässlern, die alles perfekt und liebevoll vorbereitet hatten und sogar zwei Büchertische in der Buchhandlung Quichotte und im Vividus Buchkaffee mit meinen Sachen aufgebaut hatten. Von solchen Lesungen kann ich gar nicht genug kriegen!
Gedicht des Monats Dezember
Blaue Fliesen
Es saßen acht Katzen am Schwimmbeckenrand
und trauten sich nicht zu springen.
Starrten lange hinab an der Fliesenwand,
bevor sie nach Hause gingen.
Gedicht des Monats November
Wollmäuse
Mein Stubenkater träumt in der Besenkammer von Wollmäusen.
Meine Mäusewolle träumt vom Kammerbesen in der Katerstube.
Mein Mäusekater träumt vom Wollebesen in der Stubenkammer.
Mein Katerbesen träumt von Stubenmäusen in der Kammerwolle.
Meine Besenstube träumt von der Katerwolle in Kammermäusen.
Meine Besenmäuse träumen in der Katerkammer von Stubenwolle.
Mein Stubenbesen träumt vom Wollekater in der Mäusekammer.
So viele Wollmäuse treiben durch meinen Kopf,
wenn ich nicht einschlafen kann.
Noch ein blaues Buch in diesem Herbst
Es scheint meine blaue Periode zu sein. Erst der Gedichtband „Die Geschichte des Hasen endet im Topf“, dann der von mir herausgegebene – und leider schon restlos vergriffene – Privatdruck „Dunkel war’s, der Mond schien helle“, in dem 11 Dichterinnen und Dichter das alte Volksgut-Gedicht fortgeschrieben haben, und nun die kleine Verserzählung „Das große Herz der kleinen Elfe“ von Matt Haig, das ich in deutsche Reime übertragen habe. Ein wunderschönes kleines Geschenkbuch, nicht nur für Kinder. Denn diese Elfe, die durch einen Hexenfluch gezwungen ist, immer die Wahrheit zu sagen, findet am Ende doch Freunde und ein Zuhause, gerade weil sie die Wahrheit sagt. Eine wunderbar witzige und liebevoll gestaltete Geschichte. Das kleine HC-Buch im Format 12 x 17,5 cm kostet nur 11,00 € und ist bei dtv erschienen.
Gedicht des Monats Oktober
Rettung
Ein Vogel ist aus dem Himmel gefallen,
er hat noch versucht sich festzukrallen.
Doch die Wolken boten ihm keinen Halt,
sie waren ganz dünn und fasrig und alt.
Ich hab ihn gesehen, er kam immer näher,
ein Spatz, eine Schwalbe, ein Eichelhäher?
Keine Ahnung, weiß nicht, ist auch egal.
Flügel gebrochen, ich sah seine Qual.
Da fing ich ihn eilig wie einen Ball,
der im Spiel auf mich zufliegt mit scharfem Drall.
Denn was Bällefangen betrifft, bin ich stark
auf dem Sportplatz oder wie heute im Park.