Gedicht des Monats April

Der Osterhase, der kein Ei fand

Vor Ostern fiel der Osterhase
beim Eierkaufen auf die Nase.

Er stolperte im Stadtverkehr,
da hingen ihm die Ohren quer.

Der Hasendoktor war nicht bang,
zog ihm die Ohren wieder lang.

Doch was danach viel schlimmer schien:
Es gab kein Ei mehr – bis nach Wien.

Der Hase rannte hin und her,
fand einen Stein – uff! Viel zu schwer.

Fand einen Luftballon – zu leicht!
Und wenn dann noch die Luft entweicht!

Fand eine Murmel – viel zu klein!
Das kann kein Osterei nicht sein.

Fand einen Fußball – nein, zu groß!
Da mal ich mich zu Tode bloß!

Fand eine Maus, die lief schnell weg.
Und ach, ihr Grau sah aus wie Dreck.

Fand einen Bär im Zoo mit Bauch.
Zu haarig – und gefährlich auch!

Vor Wut stieß sich der Has’ die Stirn.
Wuchs ihm ’ne Beule aus dem Hirn.

Die Beule tat ihm scheußlich weh.
Er jammerte: „Oje, oje!“

Sie spiegelte sich rot und blau
in einer Pfütze. – Ach wie schlau,

dacht sich der Osterhas’. Au wei,
da hab ich ja mein Osterei!

Gedicht des Monats März

Verkehrte Welt

Wenn die Häuser übern Schornstein fliegen,
Sterne schwarz im Straßengraben liegen,
Hunde an die Kirchturmspitzen pinkeln,
Ampeln leuchten in den Kellerwinkeln,

wenn der Bordstein auf dem Flugplatz landet,
eine Straßenbahn im Gulli strandet,
Ententeiche durch ein Kaufhaus ziehen,
Fahrräder aus Pizzaöfen fliehen,

wenn der Stadtpark auf die Bank sich setzt,
wenn der Küchenschrank die Ratten hetzt
und ein Flügel sich am Kopf verletzt,

wenn die Schule aus den Wolken fällt,
ist die Turmuhr auf den Kopf gestellt,
was dem Mann im Mond sehr gut gefällt.

Gedicht des Monats Oktober

Wenn sich die Amöbe
nicht durchs Wasser schöbe

Hätt sie mehr als eine Zelle
und im Kopf nicht eine Delle,
flög sie in der Sommerhelle
mit ‘nem Gleitschirm herrlich schnelle
über jede Meereswelle.

Hätt sie mehr als eine Zelle,
stieg sie aus der engen Pelle,
suchte in der Kleinstadt Melle
Öl aus tiefer Erdenquelle,
äße gerne Tagliatelle.

Doch sie hat nur eine Zelle,
beißt in keine Frikadelle,
tritt auch über keine Schwelle,
schöpft die Weisheit nicht per Kelle,
baut sich keine Zitadelle.

Keine Kalorientabelle,
nichts mit Fasching und Kamelle.
Alles Leere, Bagatelle.
Aber ohne diese Zelle
wär hier nichts an seiner Stelle.

Wär der Zoo ohne Gazelle
und der Fluss ohne Forelle,
nirgends flöge ‘ne Libelle,
reifte keine Mirabelle,
Hunde machten kein Gebelle.

Stille wär an ihrer Stelle,
weit und breit nicht ein Geselle
freute sich an Tagliatelle,
schöb nicht die Amöbenzelle
dumm sich durch die Wasserwelle.