Laut und Luise
In Erinnerung an Ernst Jandl
Luise ist laut.
Luise ist leise.
Luise ist lustig.
Luise ist still.
Luise denkt leckt mich
und tut, was sie will.
Laut und Luise
Luise ist laut.
Luise ist leise.
Luise ist lustig.
Luise ist still.
Luise denkt leckt mich
und tut, was sie will.
In den späten 1970er Jahren stießen wir in Berlin aufeinander. Zwei junge Lyriker in der Zeit der neuen Subjektivität. Es gab Lesungen in der Galerie Bloom in Kreuzberg, im Buchhändlerkeller in Charlottenburg, in der Wolff’s Bücherei in Friedenau. Wir wurden Freunde und spürten, dass wir viele Gemeinsamkeiten hatten, trafen uns bei jedem meiner Berlin-Besuche im Shell am Savignyplatz, bis es das Shell nicht mehr gab. Und irgendwann gab es auch den wunderbaren Dichterfreund Hans Ulrich Hirschfelder nicht mehr. Er starb 2006 mit 52 Jahren an Krebs. Seine beiden eindrücklichen Gedichtbände „Orangen“ und „Weiße Nacht“ verloren sich aus dem literarischen Bewusstsein. Sein umfangreicher Nachlass schien niemanden zu interessieren. Dann der Anruf von einem anderen Hirschfelder-Freund – Wolfgang Heyder. Und wir starteten mit Cousine und Nachlass-Erbin Andrea Müller eine einjährige Reise durch das Geschriebene und nur zu einem kleinen Teil Veröffentlichte. Wir waren ihm wieder ganz nah, unterhielten uns mit ihm über die Zeit, über seine Texte und am Ende entstand ein Buch, das alles zusammenfasst, was wir für eine Veröffentlichung geeignet fanden und was uns immer noch haltbar erschien. In der Hoffnung, dass noch andere Menschen sich an den zu Unrecht Vergessenen erinnern mögen oder ihn vielleicht ganz neu entdecken wollen, zum allerersten Mal: Das Buch „Tänze zwischen Barhockern“ mit Gedichten, Prosa und einem Mini-Einakter ist gerade in der edition eY erschienen. Ein dickes, lesenswertes Buch von fast 300 Seiten! Danke, alter Freund, lieber Uli! Zu bestellen gibt es den Band für 28 € zzgl. Versandkosten unter mail@edition-ey.de
Streichelkatze
Wenn meine Katze ins Zimmer kommt,
wo ich für die Schule lerne,
dann legt sie zum Streicheln sich gerne
in äußerste Armlängenferne.
Und wenn sie nachts auf die Bettdecke springt,
unter der ich grad einschlafen will,
dann legt sie zum Kraulen sich schnurrkatzenstill
in äußerste Armlängenferne.
Meine Katze will volle Aufmerksamkeit,
nicht, dass ich schlaf oder lerne.
Dann träumt sie sich fort unter meiner Wärme
und verliert sich aus Raum und Zeit.
Seit 2013 gibt es nun schon die jährlich erscheinenden „Lyrikempfehlungen“, eine Liste herausragender deutschsprachiger und übersetzter Gedichtbände. Dichter und Dichterinnen, Kritiker und Literaturwissenschaftlerinnen stellen in einer Broschüre ihre durch Juryentscheid gewählten besten Erwachsenentitel des zurückliegenden Jahrgangs vor. Initiiert wurde die Liste damals von der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung, der Stiftung des Lyrik Kabinetts in München sowie dem Haus für Poesie in Berlin.
Auch diesmal wurde die neueste Liste wie gewohnt auf der Leipziger Buchmesse vorgestellt, enthielt aber eine wesentliche Neuerung. Denn von diesem Jahr präsentiert sie neben den Erwachsenen-Empfehlungen auch die zehn besten Kindergedichtbände. Viele haben diese Erweiterung der Liste seit Jahren vorangetrieben, federführend betreut den Kinderteil inzwischen die Internationale Jugendbibliothek in München. Zum Start wurden die Bücher noch aus dem Erscheinungszeitraum 2020-23 gewählt, künftig soll, wie im Erwachsenenteil, nur noch die jeweils zurückliegende Jahresproduktion berücksichtigt werden.
Äußerst erfreulich: Unter den diesjährigen besten Kindergedichtbänden ist auch mein „Dunkel war’s, der Mond schien helle“, in dem ich das wohl bekannteste Volksgut-Nonsensgedicht zusammen mit elf Autoinnen und Autoren weitergedichtet und mit insgesamt 34 Strophen zu neuem Leben erweckt habe. Denn obwohl dieser berühmte Nonsens-Klassiker immer mehr in Vergessenheit zu geraten drohte, gibt es plötzlich ein riesiges Interesse am Buch, sodass gerade bereits die 5. Auflage erschienen ist. Das liegt nicht zuletzt auch an den wunderbaren Illustrationen von Jens Rassmus aus Kiel.
Sandra Niebuhr, Professorin für Sprachpädagogik an der Fachhochschule Clara Hoffmann in Potsdam, hat der Jury dieses Buch für die Liste vorgeschlagen.
Mehr über alle Kinderlyrik-Empfehlungen und was es zu den zehn ausgewählten Büchern an Material geben wird oder wo Veranstaltungen mit den Autorinnen und Autoren stattfinden, erfährst du HIER. Die Infos werden ständig erweitert und aktualisiert.
Ich werde
Ich werde durch finstere Höhlen schwimmen,
die steilsten Achttausender-Berge erklimmen.
Ich werde auf Tigern durch Dschungel reiten,
mit dem Fallschirm aus schwindelnden Höhen gleiten.
Ich werde im U-Boot zum Meeresgrund tauchen,
doch ganz ehrlich –
bis dahin möcht ich noch sehr lange brauchen.